Dein Kopf ist ein Browser mit 100 offenen Tabs

Du bist nicht wahnsinnig. Du bist nicht undankbar.

Was ist Mental Load – wirklich?

Stell dir dein Gehirn wie einen Internet-Browser vor. Für jede Verantwortung, jeden Termin und jeden Gedanken geht ein neuer Tab auf:

„Was koche ich morgen?“
„Hat mein Kind Hausaufgaben?“
„Wann war Elternabend?“
„Sportsachen waschen!“ …

Irgendwann sind es 100 Tabs. Sie laufen im Hintergrund, ziehen Energie und machen das System langsam, müde, reizbar. Mental Load ist dieses ständige Summen – die unsichtbare Denkarbeit, die niemand sieht, die du aber immer trägst.

Du bist dauererschöpft – obwohl du „eigentlich nichts“ gemacht hast.
Du wirst vergesslich. Kannst dich an manches nicht mehr erinnern.
Mini-Auslöser bringen dich aus der Ruhe – RAM voll.
Du hast das Gefühl, alles alleine managen zu müssen.
Nachts laufen die Tabs weiter – Abschalten fällt schwer.
Dein Körper reagiert: Spannungskopfschmerzen, Rückenweh oder Bauchschmerzen.

„Aber das ist doch mein Job als Mutter?!“
Nein. Kümmern ist ein Teil. Der alleinige Server der Familie zu sein, ist es nicht. Dieser Druck macht krank.

Erste Hilfe: Ein paar Tabs schließen – jetzt

  1. Inventur machen. Schreib 10–20 Tabs auf, die gerade offen sind.
  2. Mini-Pausen einbauen. 3 tiefe Atemzüge am Fenster, 60-Sekunden-Reset.
  3. Unsichtbares sichtbar machen. Liste mit Partner*in/Kids besprechen.
  4. Einen Tab abgeben. Nicht „helfen lassen“, abgeben – mit Verantwortung.
  5. Good enough definieren. Fertig ist besser als perfekt.

Tabs fair verteilen – so klappt’s zu Hause

  • Klare Zuständigkeiten statt „Sag mir, wie ich helfen kann“ – z. B. „Mittwochs Sportlogistik = komplett Papa“ (Planen, Packen, Fahren).
  • Whole-Task-Abgabe: Wer zuständig ist, macht alles dazu – nicht nur Handgriffe.
  • Family-Board (analog/digital): Termine, To-dos, Deadlines sichtbar machen.
  • Defaults: 3–4 Lieblingsessen, fixe Wochentage, „Wenn-dann“-Regeln.

Langfristig leichter

  • Mental-Load-Audit 1×/Monat: Welche Tabs gehören nicht (mehr) zu mir?
  • Routinen statt Willenskraft: Morgen-Check, Abend-Reset, Wochenplanung.
  • Nein sagen üben: „Nicht jetzt.“ „Nicht ich.“ „Nicht so.“
  • Eigenen Akku pflegen: kleine Alltagsrituale, echte Pausen, Humor.

Mini-Self-Check: Wie viele Tabs sind bei dir offen?

Mini-FAQ

Nein, Mental Load betrifft zwar häufig Mütter, aber grundsätzlich kann jede Person davon betroffen sein, die die Hauptverantwortung für Organisation und Koordination in einem Haushalt, einem Projekt oder einem Team trägt. Auch Väter, Pflegende oder Menschen in bestimmten Berufsrollen können unter hohem Mental Load leiden.

Nutze Ich-Botschaften („Ich fühle mich überfordert mit…“) statt Du-Botschaften („Du hilfst nie…“). Mach das Unsichtbare sichtbar, indem du konkret benennst, welche Aufgaben du im Kopf hast. Biete gemeinsam Lösungen an („Könnten wir zusammen überlegen, wie wir das fair aufteilen?“) statt einseitig Forderungen zu stellen. Der Browser-Tab-Vergleich ist dafür übrigens ein guter, neutraler Einstieg!

Manchmal braucht es mehrere Anläufe und unterschiedliche Erklärungsansätze. Versuche, konkrete, überschaubare Aufgabenbereiche zu benennen, die abgegeben werden können. Paarberatung kann helfen, wenn Gespräche immer wieder festfahren. Und manchmal hilft es auch, Aufgaben tatsächlich liegen zu lassen (natürlich innerhalb sicherer Grenzen), damit sichtbar wird, was sonst unsichtbar erledigt wird.

Verwandt, aber nicht identisch. Stress ist der Druck, den du spürst. Mental Load ist die unsichtbare Denkarbeit dahinter: Planen, Merken, Erinnern, Koordinieren. Du kannst wenig „tun“ und trotzdem erschöpft sein – weil dein Kopf im Hintergrund auf Hochtouren läuft.

Typisch sind Schlafprobleme, Reizbarkeit, Vergesslichkeit, körperliche Beschwerden (Kopf-/Rückenschmerzen, Magen), Grübeln in Endlosschleifen. Spätestens dann: Tabs sichtbar machen, verteilen, streichen – und medizinisch/therapeutisch abklären, wenn Symptome anhalten.

Schuldgefühle sind ein Hinweis, wie wichtig dir deine Familie ist – kein Beweis, dass du versagst. Ersetze „Ich müsste alles schaffen“ durch „Ich sorge gut – und ich darf mir Unterstützung holen“. Hilfe annehmen ist Verantwortung, nicht Schwäche.